Planet Diversity World Congress on the Future of Food and Agriculture

Kununurra oder wo man Melonen im Winter erntet

c. Marta Rostek

von Ulrich von Bonin

Nach einer Woche hier ist es mir zum ersten Mal passiert, dann etwa drei Tage spaeter nochmal und seitdem bin ich hoffnungslos verloren; die Melonen, die hier angebaut werden sind ein Gedicht.

Nach einem arbeitsintensiven Fruehjahr auf meinem elterlichen Betrieb Hof Eichwerder in Norddeutschland habe ich mich aufgemacht, um Australien zu erobern. Ich hab meine Badehose, die Arbeitsschuhe und ausreichend Hoffnung eingepackt, in dem Wissen, dann das Wichtigste bei mir zu haben. Los gehts! Nach einer kurzen Reise bin ich mitten im australischen Outback, im Norden der Kimberleys in Western Australia, gelandet.

Der Ort Kununurra liegt 3124 km noerdlich von Perth und 780 km suedwestlich von Darwin. Wie man sieht, Kununurra liegt mitten im Niemandsland 300km sind es bis zur naechsten Stadt. Ich habe hier das Gefuehl, dem Australien meiner Traeume ganz nah zu sein.

Die Oase in der Wueste

Seit dem ich angekommen bin, arbeite ich fuer ein Lohnunternehmen, welches sich einerseits auf vertragsgebundene Arbeiten spezialisiert hat, andererseits aber auch zahlreiche kurzfristige Auftraege annimmt. Um meine Arbeitsstelle muss ich also nicht bangen. Mit meiner jetzigen Arbeit habe ich sehr viel Glück, denn ich kann in viele verschiedene Betriebe hinein schauen und die unterschiedlichen Arbeitsmethoden zum Pflanzen- und Ackerbau kennen lernen kann.

Wir führen sämtliche Arbeiten durch, angefangen beim Ackerumbruch, neue Furchen und Beete fahren via GPS, Grubbern, Drillen, Mähen, Pressen sowie Spritzen. Luzerne braucht hier etwa 30 Tage von Schnitt zu Schnitt. Durch die gezielte Bewässerung und die Hitze gibt es ein rasantes Wachstum. Hafer ist dadurch das einzige Getreide, welches den Bedingungen hier gewachsen ist. Für alle anderen Getreidearten bietet das tropische Klima keine ausreichenden Wachstumsbedingungen. Allerdings wird sehr viel Hirse zur Saatgutvermehrung angebaut. Auf immer grösseren Flächen wird das kostenintensive Sandelholz gepflanzt, wo bislang Zuckerrohr geerntet wurde (es gibt hier eine Zuckerrohrfabrik, die noch in diesem Jahr wegen Umsatzeinbruch geschlossen wird). Sandelholz wird bei der Parfumherstellung verwendet und ist sehr teuer. Circa 16 Jahre brauchen die Baueme bis zur Ernte und verursachen bis dahin Kosten von etwa 10 mio$/100 ha. Deshalb sind in Kununurra relativ finanzstarke Unternehmen aktiv. Neben den verschiedenen Melonenarten (beispielsweise Rockmelon, Honeymelon, Watermelon) werden Kuerbisse, Mangos, Papajas, Citrusfruechte, Bananen, unterschiedliche Graeser und Leucena, ein Baum, der auf Rinderfarmen angebaut wird, geerntet.

Der Name Kununurra kommt urspruenglich von den Ureinwohnern, den Aboriginals, und heisst Big Water (großes Wasser). Der Name kann gar nicht passender sein: In etwa 70 km Entfernung von Kununurra liegt der Lake Argyle. Er ist fuer die Viehwirtschaft und den Ackerbau von ungeheurer Bedeutung. Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wird der Ord River gestaut. Auf diese Weise ist Kununurra nicht nur durch den großen See bekannt geworden; der Ort rühmt sich auch Australiens bestes Bewässerungssystem zu besitzen wie auch die grösste Diamantenmine und die grössten Melonenfelder.

Dadurch entstand Lake Argyle, der der groesste kuenstliche Suesswassersee der suedlichen Hemisphaere ist, (45km breit und 70km lang). Der Ord River versorgt den Ort mit grossen Mengen an Wasser. Es wurde ein riesiges Netz aus Be- und Entwaesserungskanaelen gebaut, um sämtliche Felder, zusammen etwa 10.000 ha, mit Wasser zu versorgen. Jedes Jahr zur Regenzeit im Sommer (November bis April) füllt sich der Lake Argyle und hat dadurch nicht nur Kununurra entstehen, sondern auch eine riesige Touristenwelle auf den Ort zurollen und Wassersport hier populär werden lassen. Von zahlreichen Unternehmen werden die verschiedensten Touren zum See oder Kanufahrten auf dem Ord River angeboten.

Da ich vom Meer komme, wirkt der Fluss sehr verführerisch auf mich, dass ich nach einem harten Arbeitstag so manches Mal am liebsten einfach reingesprungen wäre, um mich von der Hitze des Tages abzukühlen. Das waäe vielleicht der letzte Fehler meines Lebens gewesen; die Salties hätten mich bestimmt freudig als Beute genossen. Es gibt hier eine ganze Menge an Krokodilen; die Freshwater Crocs (circa 2m lang) sind harmloser als sie aussehen. Das Problem sind die Salties (bis zu 4,5m in der Laenge). Diese Salzwasserkrokodile fuehlen sich auch im Suesswasser pudelwohl.

Der Herbst (April- Juni) ist die kälteste Jahreszeit in Kununurra (wenn man überhaupt von Kälte reden kann). Es ist dann etwa 25 Grad am Tag und 12 Grad in der Nacht. Jetzt im Oktober wird die 40 Gradmarke geknackt. Vor diesen Temperaturen kapituliert auch der hartgesottenste Tourist. Kununurra ist dann wieder touristenfrei, aber der nächste Winter wird sie bestimmt alle wiederbringen.

Ende Februar, Anfang März beginnen die ersten Aussaaten der Melonen. Ab dann wird, wenn möglich, bis in den Mai hinein alle zehn Tage gesät. Die Melonen brauchen circa 60 Tage bis zur Ernte. Während dieser Zeit werden die Felder etwa ein bis zweimal mit ca 20 l/Quadratmeter bewässert. Das Bewässerungssystem besteht aus einem Hauptkanal, der durch kleine Schaufelräder in die Seitenkanäle befördert wird, die das Wasser direkt zu den Feldkanälen leiten.

Der Preis, den die Bauern für das Wasser zahlen, beträgt 3.20$/10.000l. Ein unglaubliches Schnäppchen, denn das Wasser an der Ostküste kostet etwa 300-400$/10.000l, da es dort grosse Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung gibt.

Der Boden in dieser Gegend besteht meist aus der qualitativ hochwertigen Schwarzerden, auf der circa 20t Melonen/ha geerntet werden. Im Winterzeitraum wird der Melonenmarkt in Australien fast ausschließlich von Kununurra aus bedient. In dieser Zeit verdoppelt sich auch die Einwohnerzahl, die in normalen Zeiten circa 5.000 beträgt. Das erklärt sich nicht nur durch die Touristen, sondern auch an den jungen Backpackern, die hier zahlreich Arbeit finden. Dafür ist der Ort in Backpackerkreisen weithin bekannt. Ab Mai, wenn die Zeit reif ist, füllt sich Kununurra mit Backpackern aus aller Welt die, weil der Ruf dem Ort voraus eilt, sich hier ihre Reisekasse aufbessern und oft auch eine Visaverlängerung erreichen wollen; dazu bedarf es den Nachweis von drei Monaten Arbeit in der Landwirtschaft. So ähnlich hat es ja nun auch mich hierher getrieben, wenn auch mein Antrieb zum Reisen eher das Erfahrungen und Eindrücke sammeln ist.

Es gibt hier ein Sprichwort; dieses besagt, dass wenn man in den Wassern der Kimberleys schwimmt, man irgendwann zurückkommt. Meine Zeit in Kununurra ist nun erstmal vorbei und ich bin neugierig, wohin es mich als nächstes treibt. Eines steht jedoch fest, irgendwann komme ich bestimmt einmal zurück.

 

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